1. Strategische Weichenstellungen zum Jahresende
Das Jahresende markiert für Unternehmer, Freiberufler und Geschäftsführer einen entscheidenden Zeitpunkt. Es ist die Phase, in der durch gezielte Maßnahmen die steuerliche Belastung für das ablaufende Geschäftsjahr maßgeblich gestaltet werden kann. Das Jahr 2025 eröffnet dabei durch legislative Neuerungen, insbesondere im Rahmen des „Innovationsboosters“, besondere Gestaltungsspielräume, die über die üblichen Anpassungen hinausgehen. Diese Informationen dienen als fundierte und handlungsorientierte Entscheidungsgrundlage. Es werden die wichtigsten steuerlichen Maßnahmen analysiert und praxisnahe Wege aufgezeigt, um die Weichen für ein steuerlich optimiertes Ergebnis zu stellen. Die zentralen Hebel der diesjährigen Strategie liegen in der intelligenten Nutzung von Abschreibungen, einer vorausschauenden Investitionsplanung und der aktiven Steuerung der Liquidität.
2. Maximierung der Abschreibungen: Investitionsanreize gezielt nutzen
Abschreibungen sind eines der wirkungsvollsten Instrumente zur Steuerung des Unternehmensgewinns und zur Stärkung der Liquidität. Sie ermöglichen es, die Kosten für Investitionen periodengerecht als Aufwand geltend zu machen und somit die Steuerbemessungsgrundlage zu senken. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für 2025 bieten außergewöhnlich vorteilhafte Möglichkeiten, geplante Investitionen steuerlich wirksam zu beschleunigen und damit finanzielle Freiräume für die Zukunft zu schaffen.
2.1. Analyse der degressiven Abschreibung ab Juli 2025
Zur Stärkung der Investitionstätigkeit wurde die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens befristet wiedereingeführt. Diese Maßnahme bietet im Vergleich zur linearen Abschreibung einen deutlich höheren Abzugsbetrag in den ersten Jahren der Nutzung. Die Regelung ist für Anschaffungen im Zeitraum vom 1. Juli 2025 bis zum 31. Dezember 2027 anwendbar und erlaubt einen Abschreibungssatz vom Dreifachen der linearen AfA, maximal jedoch 30 % pro Jahr. Für eine Investition im zweiten Halbjahr 2025 bedeutet dies aufgrund der Halbjahres-Regel eine sofortige Abschreibungsmöglichkeit von bis zu 15 %, was bereits für das laufende Jahr eine signifikante steuerliche Entlastung ermöglicht.
2.2. Kombination mit der Sonderabschreibung nach § 7g EStG
Für kleine und mittlere Unternehmen steht mit der Sonderabschreibung nach § 7g Einkommensteuergesetz (EStG) ein weiteres, leistungsstarkes Gestaltungsinstrument zur Verfügung. Anspruchsberechtigt sind Unternehmen, deren Gewinn im Vorjahr die Grenze von 200.000 Euro nicht überschritten hat. Zusätzlich zur regulären Abschreibung können bis zu 40 % der Anschaffungskosten abgesetzt werden. Dieser Betrag kann wahlweise im Anschaffungsjahr vollständig genutzt oder flexibel über einen Zeitraum von fünf Jahren verteilt werden.
Durch die intelligente Kombination beider Instrumente entsteht ein erheblicher Synergieeffekt. Bei einer Investition im zweiten Halbjahr 2025 können die degressive Abschreibung (bis zu 15 %) und die volle Sonderabschreibung (40 %) kumuliert werden. Damit lässt sich im Anschaffungsjahr eine Gesamtabschreibung von bis zu 55 % der Anschaffungskosten realisieren, was zu einer unmittelbaren und substanziellen Reduzierung der Steuerlast führt.
2.3. Ausschöpfung der GWG-Grenzen für kleinere Anschaffungen
Auch kleinere Anschaffungen bieten Potenzial zur Steueroptimierung. Die Regelungen für Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) erlauben eine vereinfachte und beschleunigte Absetzung:
- Sofortabschreibung: Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten von bis zu 800 Euro netto können im Jahr der Anschaffung sofort vollständig als Betriebsausgabe abgesetzt werden.
- Poolabschreibung: Alternativ können Wirtschaftsgüter mit Kosten zwischen 250 und 1.000 Euro in einem Sammelposten („Pool“) zusammengefasst werden. Dieser wird pauschal über fünf Jahre mit jährlich 20 % abgeschrieben.
- Kleinstbeträge: Für Anschaffungen bis 250 Euro ist ein sofortiger Betriebsausgabenabzug ohne die Verpflichtung zur Führung in einem gesonderten Verzeichnis möglich.
Wichtiger Hinweis: Die entscheidende Voraussetzung für die steuerliche Geltendmachung im Jahr 2025 ist, dass die Anschaffung und die Inbetriebnahme des Wirtschaftsguts zwingend vor dem 31. Dezember 2025 erfolgen.
2.4. Sonderfall: Arithmetisch-degressive Abschreibung für Elektrofahrzeuge
Eine besondere Fördermöglichkeit besteht für neu angeschaffte Elektrofahrzeuge im Zeitraum von Juli 2025 bis Dezember 2027. Die arithmetisch-degressive Abschreibung gemäß § 7 Abs. 2a EStG ermöglicht eine extrem hohe Abschreibung von 75 % bereits im Anschaffungsjahr. Diese Regelung schafft einen starken Anreiz für den Umstieg auf Elektromobilität.
Das folgende Beispiel für ein Fahrzeug mit Anschaffungskosten von 80.000 EUR verdeutlicht die Verteilung der Abschreibung über die sechsjährige Nutzungsdauer:
| Jahr | Kalenderjahr | Abschreibungssatz | Abschreibungsbetrag | Buchwert am Jahresende |
| 0 | 2025 | 75 % | 60.000 EUR | 20.000 EUR |
| 1 | 2026 | 10 % | 8.000 EUR | 12.000 EUR |
| 2 | 2027 | 5 % | 4.000 EUR | 8.000 EUR |
| 3 | 2028 | 5 % | 4.000 EUR | 4.000 EUR |
| 4 | 2029 | 3 % | 2.400 EUR | 1.600 EUR |
| 5 | 2030 | 2 % | 1.600 EUR | 0 EUR |
Ergänzend zu dieser beschleunigten Abschreibung wurde die Dienstwagenbesteuerung für Elektrofahrzeuge attraktiver gestaltet: Für nach dem 30. Juni 2025 angeschaffte Fahrzeuge wurde die Bruttolistenpreisgrenze für die vorteilhafte 0,25-%-Regelung von 70.000 € auf 100.000 € angehoben, was den steuerlichen Anreiz für höherwertige Elektromodelle deutlich verstärkt.
Neben der optimalen Nutzung von Abschreibungen sind es jedoch vorausschauende Investitionsentscheidungen, die die Steuerlast maßgeblich beeinflussen können. Ein zentrales Instrument hierfür ist der Investitionsabzugsbetrag.
3. Vorausschauende Investitionsplanung mit dem Investitionsabzugsbetrag (IAB)
Der Investitionsabzugsbetrag (IAB) ist ein strategisches Instrument zur Gewinnverlagerung und Steuerstundung. Er erlaubt es, einen Teil der Kosten für zukünftige Investitionen bereits im laufenden Jahr gewinnmindernd geltend zu machen. Dadurch wird die Steuerlast gesenkt und Liquidität geschaffen, die zur Finanzierung ebenjener Investitionen genutzt werden kann. Der IAB ist somit ein effektiver Hebel, um zukünftige Anschaffungen aus unversteuerter Liquidität zu finanzieren.
3.1. Funktionsweise und Voraussetzungen des IAB
Die Kernmerkmale des Investitionsabzugsbetrags lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Zweck: Vorverlagerung von bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten geplanter Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter als gewinnmindernder Abzug im aktuellen Geschäftsjahr.
- Planungshorizont: Der IAB kann für Investitionen gebildet werden, die in den folgenden drei Jahren, also im Zeitraum 2026 bis 2028, tatsächlich getätigt werden.
- Abzugsrahmen: Der maximale Abzugsbetrag über alle geplanten Investitionen hinweg ist auf 200.000 Euro begrenzt.
- Größenmerkmal: Die Regelung richtet sich an kleine und mittlere Betriebe. Voraussetzung ist, dass der Gewinn im Wirtschaftsjahr der Inanspruchnahme nicht mehr als 200.000 Euro beträgt.
3.2. Aktuelle Rechtsunsicherheit: Die Definition der Gewinngrenze
In der Praxis besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit bezüglich der Ermittlung der maßgeblichen Gewinngrenze von 200.000 Euro. Der zentrale Streitpunkt ist, ob hierfür der reine Steuerbilanzgewinn heranzuziehen ist oder ein um außerbilanzielle Posten (wie z. B. nicht abziehbare Betriebsausgaben oder steuerfreie Einnahmenteile) korrigierter Gewinn. Während das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 02.05.2023 (Az. 10 K 1873/22) zugunsten des Steuerpflichtigen entschied und den reinen Steuerbilanzgewinn für maßgeblich erklärte, vertritt das Niedersächsische Finanzgericht die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung. Gegen diese konträren Entscheidungen sind mehrere Revisionen beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig (Az. III R 38/23, X R 17/23, X R 16/23).
Strategische Empfehlung: In gleichgelagerten Fällen, in denen das Finanzamt den IAB aufgrund der Berücksichtigung außerbilanzieller Posten versagt, sollte unbedingt Einspruch eingelegt und unter Verweis auf die anhängigen Verfahren das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.
3.3. Gestaltungsmodell: IAB-Nutzung für vermietete Wirtschaftsgüter
Ein verbreitetes Problem ist, dass der IAB nur für Betriebsvermögen genutzt werden kann. Werden einzelne Wirtschaftsgüter wie ein Fahrzeug direkt vermietet, werden sie in der Regel dem Privatvermögen zugeordnet, was die Nutzung des IAB ausschließt. Dies liegt daran, dass die Vermietung eines einzelnen Wirtschaftsguts in der Regel als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG qualifiziert wird und das Wirtschaftsgut somit dem Privatvermögen zugeordnet bleibt. Ein praxiserprobtes Gestaltungsmodell umgeht diese Hürde: Durch die Einschaltung einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG, die das Wirtschaftsgut erwirbt und anschließend vermietet, wird das Wirtschaftsgut zu Betriebsvermögen dieser Gesellschaft. Damit wird es IAB-fähig, und die steuerlichen Vorteile können auch in solchen Konstellationen genutzt werden.
Während bilanzierende Unternehmen auf diese Weise planen können, eröffnen sich für Einnahmen-Überschuss-Rechner andere, direktere Wege zur Steuerung ihres Ergebnisses.
4. Optimierung des Zahlungsflusses bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR)
Für Freiberufler, Selbstständige und Kleingewerbetreibende, die ihren Gewinn mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermitteln, ist das Zu- und Abflussprinzip der zentrale Gestaltungshebel. Anders als bei Bilanzierern zählt hier nicht der Zeitpunkt der Leistungserbringung, sondern der Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung. Durch ein gezieltes Timing von Einnahmen und Ausgaben lässt sich die steuerliche Bemessungsgrundlage für das Jahr 2025 aktiv und oft mit einfachen Mitteln steuern.
4.1. Strategisches Vorziehen von Betriebsausgaben
Erwarten Sie für 2025 einen hohen Gewinn, kann es sinnvoll sein, geplante und notwendige Ausgaben noch vor dem 31. Dezember zu bezahlen. Jeder Euro, der noch in diesem Jahr abfließt, mindert den zu versteuernden Gewinn. Konkrete Beispiele hierfür sind:
- Beauftragung und Bezahlung von notwendigen Reparaturen und Instandhaltungen für Betriebsmittel.
- Anschaffung von Büromaterial, Fachliteratur oder anderen kurzfristig benötigten Arbeitsmitteln.
- Vorauszahlung von Versicherungsbeiträgen für das kommende Jahr.
- Begleichung eines Teils des Steuerberaterhonorars als Abschlagszahlung.
- Vorauszahlung von Softwarelizenzen oder Wartungsverträgen.
4.2. Die 10-Tages-Regelung korrekt anwenden
Eine wichtige Ausnahme vom strengen Zu- und Abflussprinzip stellt die 10-Tages-Regelung dar. Sie betrifft regelmäßig wiederkehrende Ausgaben (wie Mieten, Zinsen oder Umsatzsteuervorauszahlungen), die kurze Zeit vor oder nach dem Jahreswechsel fällig und bezahlt werden. Werden solche Zahlungen im Zeitraum vom 22. Dezember bis zum 10. Januar des Folgejahres geleistet, werden sie steuerlich dem Jahr zugeordnet, zu dem sie wirtschaftlich gehören.
Ein klassisches Beispiel ist die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2025. Diese ist am 10. Januar 2026 fällig und gehört wirtschaftlich zum Jahr 2025. Erfolgt die Zahlung pünktlich bis zum 10. Januar 2026, wird sie steuerlich noch dem Jahr 2025 zugerechnet und mindert dort den zu versteuernden Gewinn.
4.3. Gezielte Steuerung von Einnahmen
Die komplementäre Strategie zum Vorziehen von Ausgaben ist das bewusste Verschieben von Einnahmen. Wenn Sie 2025 bereits einen hohen Gewinn erzielt haben und eine höhere Steuerprogression droht, kann es sinnvoll sein, den Zufluss weiterer Einnahmen in das Folgejahr zu verlagern. Rechnungen für Leistungen, die Sie gegen Jahresende erbringen, können bewusst erst Anfang Januar 2026 gestellt werden. Der Zahlungseingang erfolgt dann im neuen Jahr und erhöht erst die steuerpflichtigen Einnahmen für 2026.
Die vorgestellten Maßnahmen entfalten ihre größte Wirkung, wenn sie nicht isoliert, sondern als Teil einer ganzheitlichen Strategie betrachtet werden.
5. Fazit und strategischer Ausblick
Das Geschäftsjahr 2025 bietet durch legislative Anpassungen außergewöhnliche Potenziale zur Steueroptimierung. Die intelligent kombinierte Nutzung der neuen degressiven Abschreibung, der Sonderabschreibung nach § 7g EStG und des vorausschauend gebildeten Investitionsabzugsbetrags stellt für investitionswillige Unternehmen das wirkungsvollste Instrumentarium zur direkten Steuersenkung dar. Für Einnahmen-Überschuss-Rechner bleibt die gezielte Steuerung der Zahlungsflüsse der entscheidende Hebel.
Darüber hinaus sollten bereits heute zukünftige Entwicklungen aus dem „Innovationsbooster“ in die langfristige strategische Planung einfließen. Diese schaffen einen klaren Planungshorizont für Entscheidungen über Rechtsform oder Thesaurierungsstrategien:
- Die schrittweise Senkung der Körperschaftsteuer von 15 % auf 14 % ab 2028, auf 13 % ab 2029, auf 12 % ab 2030, auf 11 % ab 2031 und schließlich auf den Zielsatz von 10 % ab 2032 wird die Attraktivität von Kapitalgesellschaften weiter erhöhen.
- Die ebenfalls geplante Absenkung des Thesaurierungssteuersatzes für nicht entnommene Gewinne von Personengesellschaften und Einzelunternehmen wird die Innenfinanzierungskraft stärken. Der Satz sinkt von derzeit 28,25 % auf 27 % (für 2028/2029), 26 % (für 2030/2031) und schlussendlich auf 25 % (ab 2032).
Es ist entscheidend, die dargestellten Maßnahmen zeitnah zu prüfen und die Umsetzung, idealerweise in Abstimmung mit Ihrem steuerlichen Berater, bis zum Stichtag am 31. Dezember 2025 sicherzustellen. Proaktives Handeln ist der Schlüssel zu einem steuerlich erfolgreichen Jahresabschluss.
