Einleitung
Am 11. Juli 2025 hat der Bundesrat dem Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland zugestimmt. Das Vorhaben ist unter dem Namen Investitionsbooster bekannt und verfolgt vier Ziele: Unternehmen sollen steuerlich für Investitionen belohnt werden, der Wirtschaftsstandort Deutschland soll attraktiver werden, Investitionen sollen möglichst bei deutschen Betrieben erfolgen und es sollen gezielt Anreize für Elektromobilität geschaffen werden. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Selbständige und Freiberufler können von den neuen Möglichkeiten profitieren. Dieser Beitrag erklärt die wichtigsten Maßnahmen des Investitionsboosters, erläutert steuerliche Chancen und liefert praktische Tipps zur Umsetzung in der Buchhaltung – besonders für Nutzerinnen und Nutzer von Lexware Office.
Was ist der Investitionsbooster?
Der Investitionsbooster ist ein befristetes Steuerpaket, das im Zeitraum 1. Juli 2025 bis 31. Dezember 2027 (beziehungsweise für einige Regelungen darüber hinaus) gilt. Ziel ist es, Investitionen kurzfristig zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zu stärken. Kernmaßnahmen sind die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung, eine Turboabschreibung für Elektrofahrzeuge, die Senkung der Körperschaftsteuer, eine Anhebung des Bruttolistenpreises für E‑Firmenwagen und die Erweiterung der Forschungszulage. Darüber hinaus wird die Thesaurierungsbesteuerung für Personenunternehmen leicht verbessert. Die Bundesregierung hebt hervor, dass degressive Abschreibungen von bis zu 30 % pro Jahr für Ausrüstungsinvestitionen gelten sollen und die Körperschaftsteuer schrittweise von 15 % auf 10 % gesenkt wird.
Wiedereinführung der degressiven Abschreibung
Die degressive Abschreibung (Absetzung für Abnutzung – AfA) war in früheren Jahren bereits ein beliebtes Instrument, wurde jedoch abgeschafft und nun im Rahmen des Investitionsboosters reaktiviert. Während bei der linearen AfA jedes Jahr ein gleich hoher Betrag abgeschrieben wird, ermöglicht die degressive AfA höhere Abschreibungsbeträge in den ersten Jahren der Nutzung. Nach dem neuen Gesetz darf der degressive Abschreibungssatz bis zum Dreifachen des linearen Satzes, maximal jedoch 30 % der Anschaffungskosten oder des Restbuchwerts betragen. Dies gilt für bewegliche Wirtschaftsgüter des betrieblichen Anlagevermögens, die zwischen 1. Juli 2025 und 31. Dezember 2027 angeschafft werden.
Zeitanteilige Abschreibung im Kaufjahr
Ein Wermutstropfen bleibt: Im Kaufjahr ist die Jahresabschreibung zeitanteilig zu ermitteln. Wird ein Wirtschaftsgut zum Beispiel im August 2025 gekauft, kann die Abschreibung nur für die Monate August bis Dezember angesetzt werden. Das bedeutet in der Praxis:
- Berechnung: Kaufpreis × 30 % = Jahresabschreibung
- Zeitanteil: Jahresabschreibung × 5/12 = Abschreibung im Jahr 2025
Durch diese Regelung reduziert sich der Effekt im Anschaffungsjahr – in den Folgejahren können Unternehmen aber weiter von den höheren Abschreibungssätzen profitieren. Lexware Office unterstützt Sie dabei, die neue degressive Abschreibung korrekt anzuwenden und den Abschreibungsverlauf übersichtlich darzustellen.
Praxistipps zur degressiven AfA
- Investitionszeitpunkt wählen: Da die degressive Abschreibung nur bis Ende 2027 gilt, lohnt es sich, geplante Anschaffungen (z. B. Maschinen, Fuhrpark, IT‑Equipment) frühzeitig zu planen.
- Vergleich mit linearer AfA: Prüfen Sie, ob die degressive AfA tatsächlich vorteilhafter ist. Bei länger genutzten Wirtschaftsgütern kann die lineare AfA im späteren Verlauf die bessere Option sein.
- Zusammenarbeit mit dem Steuerberater: Stimmen Sie die Wahl des Abschreibungsverfahrens mit Ihrem Steuerberater oder Ihrer Steuerberaterin ab, um steuerliche Risiken zu vermeiden.
Turboabschreibung für reine Elektrofahrzeuge
Ein Herzstück des Investitionsboosters ist die Turboabschreibung für elektrische Dienstfahrzeuge. Für reine E‑Fahrzeuge ermöglicht das Gesetz eine beschleunigte Abschreibung in folgenden festen Stufen:
| Abschreibungsjahr | Abschreibungssatz |
|---|---|
| Jahr des Kaufs | 75 % |
| 2. Jahr | 10 % |
| 3. Jahr | 5 % |
| 4. Jahr | 5 % |
| 5. Jahr | 3 % |
| 6. Jahr | 2 % |
Diese Sonderabschreibung gilt für Investitionen zwischen dem 1. Juli 2025 und dem 31. Dezember 2027. Sie darf nicht mit der 40‑%‑Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG kombiniert werden. Außerdem ist die Turboabschreibung nicht zeitanteilig, d. h. sogar ein im Dezember erworbenes Elektrofahrzeug kann im Anschaffungsjahr zu 75 % abgeschrieben werden.
Voraussetzungen und Hinweise
- Reines Elektrofahrzeug: Das Fahrzeug muss im Sinne des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (§ 8 Abs. 2 KfzStG) als „rein elektrisch“ gelten. Lassen Sie sich eine entsprechende Bescheinigung vom Verkäufer geben.
- Keine Kombination mit § 7g EStG: Wer bereits eine 40‑%‑Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG in Anspruch nimmt, kann die Turboabschreibung nicht zusätzlich nutzen.
- Softwareunterstützung: Auch hier unterstützt Lexware Office bei der Berechnung und Dokumentation der Abschreibungen.
Beispiel
Ein Unternehmen erwirbt am 1. Oktober 2025 ein reines Elektrofahrzeug zum Nettopreis von 60.000 €. Dank Turboabschreibung kann es im Jahr 2025 75 % der Anschaffungskosten, also 45.000 €, steuermindernd geltend machen. In den Folgejahren werden nur noch kleinere Beträge abgeschrieben. Damit verschieben sich Steuerbelastungen und Liquiditätsvorteile in die ersten Jahre.
Senkung der Körperschaftsteuer
Kapitalgesellschaften wie GmbH, AG oder UG zahlen derzeit 15 % Körperschaftsteuer plus Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer. Der Investitionsbooster senkt die Körperschaftsteuer jedoch ab 2028 stufenweise auf 10 %: 2028 = 14 %, 2029 = 13 %, 2030 = 12 %, 2031 = 11 % und ab 2032 = 10 %. Bis einschließlich 2027 bleibt es bei 15 %. Die Bundesregierung betont, dass die Gesamtsteuerbelastung für Unternehmen dadurch von knapp 30 % auf rund 25 % sinken könnte.
Bedeutung für Unternehmen
- Planungssicherheit: Für Kapitalgesellschaften lohnt es sich, Investitionen zu timen. Da die Körperschaftsteuer bis 2027 unverändert bleibt, bringen Investitionen vorher keinen Vorteil aus diesem Punkt.
- Anpassung der Rechtsform: Einzelunternehmer und Freiberufler sollten prüfen, ob eine Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft langfristig Vorteile bringt. Die Entscheidung hängt neben der Körperschaftsteuer auch von der Gewerbesteuer und vom individuellen Steuersatz ab.
Investitionsbooster „light“ für nicht entnommene Gewinne
Unternehmerinnen und Unternehmer, die in einer Personengesellschaft tätig sind, können nach § 34a EStG ihre nicht entnommenen Gewinne zu einem ermäßigten Steuersatz versteuern. Bisher gilt ein fixer Steuersatz von 28,25 %. Der Investitionsbooster sieht eine stufenweise Senkung vor: bis 2027 bleiben 28,25 %, für 2028 und 2029 gelten 27 %, für 2030 und 2031 26 % und ab 2032 25 %. Leider bleibt das Hauptproblem bestehen: Werden die Gewinne später entnommen, fällt eine zusätzliche Steuer von 25 % an.
Praxistipps
- Zurückbehalten oder ausschütten?: Berechnen Sie, ob sich das Zurückbehalten von Gewinnen lohnt. Die spätere Zusatzversteuerung kann den Vorteil wieder aufzehren.
- Rücklagenbildung: Überlegen Sie, ob Sie Investitionen direkt aus den laufenden Gewinnen finanzieren, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Anhebung des Bruttolistenpreises für E‑Firmenwagen
Bei der Ermittlung des zu versteuernden Privatanteils für Dienstfahrzeuge gibt es zwei Methoden: die 1‑%‑Regelung und die Fahrtenbuchmethode. Für reine E‑Fahrzeuge greift bisher eine Sonderregelung: Es ist nur ein Viertel des Bruttolistenpreises oder der Gesamtkosten anzusetzen. Der Investitionsbooster erhöht die Bruttolistenpreisgrenze von 70.000 € auf 100.000 € für E‑Dienstwagen, die ab 1. Juli 2025 angeschafft werden.
Auswirkungen
- Mehr Spielraum: Hochpreisige Elektroautos (z. B. große SUVs oder E‑Transporter) sind nun begünstigt. Dadurch sinkt der monatliche Privatanteil deutlich.
- Nur ertragsteuerlich: Die Viertelmethode wirkt sich nur auf die Einkommensteuer aus. Bei der Umsatzsteuer muss weiterhin der volle Bruttolistenpreis bzw. 100 % der Gesamtkosten angesetzt werden.
- Methodenwahl: Wägen Sie ab, ob die 1‑%‑Regelung oder das Fahrtenbuch vorteilhafter ist. Für Vielnutzer kann das Fahrtenbuch trotz Aufwand günstiger sein.
Erweiterung der Forschungszulage
Die Forschungszulage nach dem Forschungszulagengesetz (FZulG) unterstützt Forschungs‑ und Entwicklungsprojekte in Unternehmen. Bislang konnten lediglich Arbeitslöhne und Eigenleistungen des Einzelunternehmers berücksichtigt werden. Der Investitionsbooster erweitert die Bemessungsgrundlage: Künftig können Gemeinkosten und sonstige Betriebskosten in Höhe von 20 % der förderfähigen Aufwendungen pauschal angesetzt werden. Zudem wird die Obergrenze für die Bemessungsgrundlage von 10 Mio. € auf 12 Mio. € erhöht. Diese Änderungen gelten für Projekte, die nach dem 31. Dezember 2025 starten. Die Bundesregierung bestätigt diese Erweiterungen und betont die bürokratieärmere Umsetzung.
Tipps für die Praxis
- Projekte zeitlich planen: Wenn Sie größere Forschungs‑ und Entwicklungsprojekte planen, prüfen Sie, ob ein Start nach dem 31. Dezember 2025 sinnvoll ist, um die höheren Förderbeträge zu nutzen.
- Dokumentation und Nachweise: Sammeln Sie sämtliche Projektunterlagen, Arbeitsaufzeichnungen und Kostenbelege, um gegenüber der Finanzverwaltung förderfähige Aufwendungen zu belegen.
- Synergie mit Förderprogrammen: Prüfen Sie, ob weitere regionale oder EU‑Fördermittel mit der Forschungszulage kombiniert werden können.
Weitere steuerliche Änderungen und Hinweise
Neben den Hauptmaßnahmen gibt es einige kleinere Anpassungen, die Unternehmen kennen sollten:
- Anpassung des privaten Nutzungsanteils: Für reine E‑Firmenwagen wird der private Nutzungsanteil bei Anwendung der 1‑%‑Methode und beim Fahrtenbuch nur zu einem Viertel angesetzt.
- Keine Umsatzsteuer-Erleichterung: Die Viertelmethode wirkt sich ausschließlich auf die Einkommensteuer aus, die Umsatzsteuer berechnet sich weiterhin nach dem vollen Bruttolistenpreis.
- Koordination mit anderen Sonderabschreibungen: Bei Investitionen sollten Sie prüfen, ob auch die Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen nach § 7g EStG in Frage kommen. Die Turboabschreibung kann nicht mit der 40‑%‑Sonderabschreibung kombiniert werden.
Tipps für KMU, Selbständige und Freiberufler
- Investitionsentscheidungen frühzeitig planen: Nutzen Sie die befristete Laufzeit des Investitionsboosters. Prüfen Sie, ob geplante Anschaffungen wie Maschinen, Software oder Fahrzeuge in den Zeitraum bis Ende 2027 vorgezogen werden können.
- Liquidität im Blick behalten: Höhere Abschreibungen entlasten die Steuerlast in den ersten Jahren. Beachten Sie jedoch, dass spätere Jahre höhere Gewinne ausweisen können. Eine solide Liquiditätsplanung ist daher unerlässlich.
- Digitale Tools nutzen: Software wie Lexware Office berechnet degressive AfA und Turboabschreibung automatisch. Auch andere Funktionen wie Rechnungsstellung, E‑Rechnung und Lohnabrechnung können Prozesse deutlich erleichtern.
- Steuerberater konsultieren: Die neuen Regelungen bieten Chancen, bergen aber auch Fallstricke. Ihr Steuerberater hilft bei der optimalen Gestaltung und prüft, ob sich eine Rechtsformänderung oder die Kombination mit anderen Förderinstrumenten lohnt.
- Umstieg auf Elektromobilität prüfen: Dank Turboabschreibung und erhöhter Bruttolistenpreisgrenze lohnt sich der Wechsel zu E‑Fahrzeugen besonders. Neben steuerlichen Vorteilen profitieren Sie von geringeren Betriebskosten und Förderprogrammen.